Zur Geschichte der Pfarrei
Vor 450 Jahren: Als der heilige Martin Patron von Schweich wurde Erzbischof Jakob III. von Eltz löst die Kaplanei Schweich aus der Pfarrei Mehring heraus und erhebt sie zur Pfarrei von Barbara Lutz (Bistumsarchiv Trier) Über die Rechts- und Besitzverhältnisse des alten Weinorts Schweich werden wir zum ersten Mal 893 durch das berühmte Güterverzeichnis, das Urbar des Abts Regino von Prüm unterrichtet. So umfasste das Dorf 30% Mansen oder Hufen und war damit ziemlich ausgedehnt, wenn man annimmt, dass eine Hufe mindestens 30 Morgen oder etwa 10 Hektar Land entsprach. Seine Bewohner hatten der Abtei genau festgesetzte Abgaben und Frondienste zu leisten, wobei die zur villa Sueyghe gehörigen Weinberge für Prüm von besonderem Wert und laut Urbar von sechs weinbauerfahrenen Ministerialen zu bestellen waren. Neben der Prümer Abtei besaßen weitere geistliche Herren wie der Dom zu Trier oder das Stift St. Paulin Ländereien in Schweich, waren aber aufgrund deren Lage im Bannbezirk des Klosters diesem ebenfalls zu Abgaben verpflichtet. Im Prümer Urbar findet sich auch die erste Nachricht einer Kirche in Schweich. Diese war mit 15 Joch Land und einem Weinberg dotiert (ein Joch umfasste etwa den zehnten Teil einer Hufe) und Teil der sogenannten terra indominicata, d. h. des Sal- oder Herrenguts, das nicht an Hörige ausgegeben, sondern von Angehörigen der Abtei selbst bewirtschaftet wurde. Es ist anzunehmen, dass dort, wo Vikare die Seelsorge ausübten, der Grundherr schon früh eine Kirche errichten ließ. Auch für Mehring ist 893 eine Kirche bezeugt, die mit rund doppelt so viel Land wie die in Schweich ausgestattet war und zu der zwei namentlich erwähnte Priester gehörten. Man vermutet, dass die dem hl. Medard geweihte Kirche schon unter Bischof Nicetius (527-566) gegründet und dann anlässlich der königlichen Schenkung an Prüm zur Pfarrkirche erhoben wurde. Ausdrücklich wird Mehring als Mutterkirche erwähnt, in einer von Erzbischof Johann I. von Trier bestätigten Schenkungsurkunde des Jahres 1190. Durch sie errichtete Abt Gerhard von Prüm das adelige Benediktinerinnenkloster Niederprüm und schenkte ihm die Mutterkirchen Rommersheim und Mehring mitsamt deren Filialen Schweich und Föhren. Von 1209 bis zur Pfarrerhebung Schweichs besaß die Äbtissin des Klosters das Kollationsrecht innerhalb der Großpfarrei Mehring, also das Recht, geistliche Ämter und Pfründen zu vergeben. Zur Grundherrschaft gehörte immer auch die niedere oder Grundgerichtsbarkeit, die von den Vögten als den weltlichen Bevollmächtigten der Äbte ausgeübt wurde. Als Ende des 14. Jahrhunderts die Grafen von Schönecken als Inhaber der Vogteirechte ausstarben, kam deren Herrschaft über Herzog Wenzeslaus von Luxemburg an dessen Neffen, König Wenzeslaus von Böhmen. Der wiederum verkaufte die Vogteirechte 1384 an den Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein, nachdem dieser kurz zuvor schon, 1381, der Prümer Abtei deren Besitzungen in Schweich abgekauft hatte. Damit war ein langgehegter Wunsch des Erzstifts Trier in Erfüllung gegangen, denn Schweich und Mehring, die einzigen bedeutenden Besitzungen Prüms entlang der Mosel, hatten der Ausdehnung seiner Territorialherrschaft lange Zeit im Weg gestanden. 1455 bestätigte König Ladislaus von Ungarn und Böhmen dem Trierer Kurfürsten und Erzbischof Jakob I. von Sierck die Besitzungen an der Herrschaft Schweich-Mehring. Dagegen sollte die Hochgerichtsbarkeit vorerst weiter bei Schweich verbleiben: Ursprünglich zum Hochgericht Mehring gehörig, erscheint Schweich im 15. Jahrhundert als eigenes freies Hochgericht, das keinem Landesherrn, sondern unmittelbar dem Kaiser unterstand. Erst auf die Intervention von Erzbischof Johann II. von Trier befahl Kaiser Maximilian I. 1497 den Schweichern unter Androhung von Strafe, ihr Hochgericht an den Kurfürsten und Erzbischof von Trier abzutreten. Er berief sich dabei auf einen Erlass Kaiser Karls IV. von 1354, wonach alle im Erzbistum liegenden freien Hochgerichte dem Trierer Erzbischof zu unterstellen seien. Zu einer endgültigen vertraglichen Regelung jener Abtretung kam es zwischen Prüm und Kurtrier jedoch erst im Jahr 1541. Zu einem wichtigen Datum in der Geschichte Schweichs wird das Jahr 1569, als in der zum Landkapitel Piesport gehörigen Pfarrei Mehring eine bischöfliche Visitation stattfindet. Die Einwohner des Filialorts – längst größtes Dorf im Amt Pfalzel und wirtschaftlicher Mittelpunkt der Pfarrei – sprechen die Bitte aus, einen eigenen Pastor oder ständigen Kaplan zu erhalten und erklären sich bereit, zu dessen Unterhalt jährlich 2 Fuder Wein und 6 Malter Korn zu liefern und auch ein Pfarrhaus zu errichten, während der Pastor von Mehring anbietet, 3 Malter Korn dazuge- ben zu wollen. Ihren Wunsch begründen die Schweicher neben den wachsenden Einwohnerzahlen vor allem mit dem langen und besonders für Alte und Kinder beschwerlichen Weg zur Kirche in Mehring. Den guten Argumenten der Schweicher hat man sich in Trier nicht verschlossen, und so wurde schon im darauffolgenden Jahr, mit Urkunde des Erzbischofs Jakob III. von Eltz vom 3. Juni 1570, die Kaplanei Schweich aus dem Bezirk der Pfarrei Mehring herausgelöst und zur Pfarrei ohne Filialen erhoben. Künftig sollte der Erzbischof alleiniger Kollator der Pfarrei sein. Ihr Patron wurde der heilige Martin. Im Pfarrarchiv Schweich hat sich die Pfarrerrichtungsurkunde erhalten. Es ist dem persönlichen Einsatz und besonderen geschichtlichen Interesse unseres langjährigen lieben Pastors Josef Koch (+11.12.2017) zu verdanken, dass diese für die Pfarrgeschichte so bedeutende Stiftungsurkunde vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München im Jahr 1980 fachmännisch restauriert und für die Nachwelt erhalten worden ist. Dabei wird es kein Zufall gewesen sein, dass die wertvolle Pergamenturkunde rund 410 Jahre nach ihrer Ausfertigung die weite Reise ausgerechnet nach München angetreten hat, denn Amtsrat Hans Schömann, der Leiter der dortigen Restaurierungswerkstatt, stammte selbst aus Schweich. Die Stiftungsurkunde für seine Heimatpfarrei instandzusetzen, war ihm Ehrensache, wie er im April 1980 an Pastor Koch schreibt. Wie lautet nun genau der Inhalt dieser Pfarrerrichtungsurkunde? Eine Abschrift liegt im Stadtarchiv vor (Bestand 1713/429) und ist Grundlage der bei Artur Gemmel (Chronik von Schweich, 1960) und Ralf Hansjosten (Schweich an der Römischen Weinstraße, 2004) abgedruckten Transkriptionen. Diese wie auch die Transkription anhand des Originals, die der gebürtige Trierer und Münchner Archivdirektor Rudolf Michael Kloos (1926- 1982) im Zuge der Restaurierung 1980 angefertigt hatte, bilden wiederum die Grundlage für den nachfolgenden Versuch, den frühneuhochdeutschen Urkundentext in heutiges Deutsch zu übertragen. Dabei zeigt sich, wie schwer es ist, die für uns unendlich langen, verschachtelten Sätze des Originals sinnvoll zu kürzen ... Wir, Jakob, von Gottes Gnaden Erzbischof zu Trier, des heiligen Römischen Reichs durch Gallien und des Königreichs Arelat Erzkanzler und Kurfürst, tun jedermann kund, auf welche Weise unsere Untertanen, die Gemeinde unseres Dorfs Schweich uns mehrere Male untertänig gebeten, nachdem die Pfarrei zu Mehring, zu deren Mutterkirche sie mit ihrer Kapelle von altersher gehört, ihnen - besonders aber alten Leuten, schwangeren Frauen und kleinen Kindern, die als arme einfache Leute christlicher Lehre und guter Unterweisung bedürftig, sehr weit entfernt und der Weg allemal und insbesondere in der kalten Winterzeit daselbst hinzugehen und die Kinder zum Empfang der heiligen Taufe zu tragen, nicht nur beschwerlich, sondern auch gefährlich - wollen wir in gnädiger Betrachtung der nun angeregten Beweggründe und dann, dass ihre Gemeinde mit Hilfe göttlicher Gnaden nunmehr so sehr angewachsen ist und mit der Zeit noch größer würde, dass sie bereits an Volk so reich wäre, wie es sich für eine Pfarrei geziemt, die oben genannte Kapelle zu Schweich aus der Pfarrei zu Mehring entlassen und zu einer eigenen, gesonderten Pfarrkirche verordnen und machen. So bekennen wir hiermit öffentlich, dass wir uns die von unseren Untertanen vorgebrachte oben genannte Angelegenheit zu Gemüte geführt und zuerst Gott dem Allmächtigen zu Lob und Ehre, auch Ausbreitung und Erhaltung unserer wahren katholischen Religion, Beförderung der christlichen Ämter, auch Vermehrung von Gottes- und Kirchendienst und dann unseren oben genannten Untertanen daselbst zu Schweich zu Gnaden, Trost und Gutem, die mehrfach genannte Kapelle daselbst von der Pfarrei zu Mehring aus unserer rechtmäßigen Macht und Gewalt sepa- riert, abgesondert und zu einer eigenen Pfarrkirche gemacht haben. Desgleichen wird die vielfach genannte Gemeinde Schweich vom dritten Teil des Kirchbaus, auch Unterhaltung des Geläutes und allen anderen Lasten der Pfarrei zu Mehring, die sie bisher zu tragen geholfen hat, entlassen und befreit und tun dies alles kraft vorliegender Urkunde. Dagegen sollen sie, die Gemeinde zu Schweich, eben genannte neue Pfarrei daselbst mit Geläute, Beleuchtung und anderem dazugehörigem Notwendigen gebührend versehen und den Pfarrhof in seinen Grenzen samt allem Zubehör jederzeit in gutem baulichen Zustand und wohnlich halten, auch ihrem Pastor, der jeweils dieselbe Pfarrei besitzen würde, einen Garten und zwei Wiesen, so zum Pfarrhof gehörig und außerdem vier Radergulden* jährlich daraus erlangt worden sind, einräumen und von Bedienung der Wochenmessen, die er ihrer Stiftung gemäß mit andächtigem Fleiß verrichten soll, zwanzig Radergulden und dann von der Samstagsmesse vier Goldgulden jährlich zu bezahlen schuldig sein. Neben den drei Malter Korn für den eben genannten Pastor, die ohnehin zur Kaplanei gehören, und dann noch drei, zusammen also sechs Malter Korn, sind ihm außerdem zwei Malter Hafer jährlich auf den St. Martinstag zu entrichten. Auch sollen sie ihm in jedem Herbst ein Fuder Wein liefern, das sie von altersher der genannten Kaplanei schuldig sind, und dazu noch vier Ohm Wein, alles in seinen Fässern liefern und darüber hinaus ihm auf ihre Kosten und Mühen jährlich 6 volle Wagenladungen Holz in den Pfarrhof fahren, auch ihm gestatten, im Gemeindewald von Schweich auf eigene Kosten Holz zu schlagen, und ferner ihm jährlich 50 Bauschen Stroh übergeben und aushändigen. Zudem soll ein jeder Pastor zu Schweich gleich einem vornehmsten Einwohner daselbst das Recht haben, Wasser, Weiden, Langhalm und Ackerfrüchte für seine Bedürfnisse und Haushaltung zu nutzen, dessen ungeachtet aber von allen allgemeinen Lasten, Diensten, Bürden, Steuern, Abgaben, Herdendienst und Kosten vollständig befreit gehalten werden, auch davon unbeschwert sein und bleiben. Überdies soll er künftig der Stolgerechtigkeit zu Schweich allein genießen und dieselbe behalten und ein Pfarrer zu Mehring sich die auf ewig keinesfalls anmaßen. Wenn dann auch ein Pfarrer zu Mehring den sechsten Teil des Zehnten zu Schweich bisher gehabt hat und noch hat, so soll er dem dauerhaft zu Schweich residierenden Pastor jedes Jahr zu Martini daraus drei Malter Korn liefern. Und damit oft erwähnter Pastor zu Schweich umso bessere Einkünfte und besseren Unterhalt haben möge, haben wir die St. Luzien-Kapelle daselbst mit all ihrem Zubehör, nämlich einem eigenen Weinberg, der jährlich ungefähr ein Fuder Wein liefert, und drei Malter Korn der vielgenannten neuen Pfarrei des Orts inkorporiert und einverleibt, die auf ewig bei ihr verbleiben soll. So hat auch der hochwohlgeborene Geistliche, unser lieber frommer Christoph von Manderscheid, Abt zu Prüm und Stablo, für sich und seine Nachkommen eingewilligt, dem oft erwähnten Pastor zu Schweich zur Verbesserung seiner Einkünfte jedes Jahr 4 Malter Korn aus seinem Vermögen liefern zu lassen. Was zuletzt die Kollation [= das Recht auf Übertragung einer kirchlichen Pfründe] und das Patronatsrecht der neuen Pfarrei angeht, sollen dieselben allezeit in den Händen des jeweils regierenden Erzbischofs zu Trier ungefährdet sein und bleiben, und zur rechten Beurkundung dessen haben wir unser Siegel an diese Urkunde angehängt, die gegeben ist in unserer Stadt Koblenz am dritten Tag des Monats Juni im Jahr unseres Herrn 1570. *Radergulden: eine Goldmünze im Wert von 24 Raderalbus (1 Raderalbus = 24 Pfennige)