Der Marienaltar

Bibeltexte: 

Maria bei Elisabeth (Lukas 1,39-56)

Die Begegnung zwischen Maria und Elisabet
39 In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. 40 Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. 41 Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. 43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. 45 Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. 46 Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn / 47 und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. 48 Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. / Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. 49 Denn der Mächtige hat Großes an mir getan / und sein Name ist heilig. 50 Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht / über alle, die ihn fürchten. 51 Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: / Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; 52 er stürzt die Mächtigen vom Thron / und erhöht die Niedrigen. 53 Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben / und lässt die Reichen leer ausgehen. 54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an / und denkt an sein Erbarmen, 55 das er unsern Vätern verheißen hat, / Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. 56 Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.


Verkündigung des Engels (Lukas 1,26-38)

Die Ankündigung der Geburt Jesu
26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret 27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. 28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. 29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. 30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. 33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. 34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?[2] 35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. 36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. 37 Denn für Gott ist nichts unmöglich. 38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.


Die Hochzeit zu Kanaan (Johannes 2,1-12)

Das erste Zeichen Jesu in Kana in Galiläa
1 Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. 2 Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. 3 Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. 4 Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5 Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut! 6 Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. 7 Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. 8 Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist! Sie brachten es ihm. 9 Dieser kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen 10 und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. 11 So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn. 12 Danach zog er mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinab. Dort blieben sie einige Zeit.


Maria unter dem Kreuz (Johannes 19,25-27)

25 Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. 26 Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! 27 Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Biografien:

Alfons Maria von Liguori
italienischer Name: Alfonso Maria de' Liguori

Bischof von Sant' Agata de Goti bei Neapel, Ordensgründer, Kirchenlehrer
* 27. September 1696 in Marianella, heute Stadtteil von Neapel in Italien
† 1. August 1787 in Nocera dei Pagani, heute Pagani bei Neapel in Italien

Gedenktag katholisch: 1. August (Hochfest im Redemptoristenorden)
Name bedeutet: Adel und Bereitschaft (romanisch-althochdt.)
Patron von Neapel: der Beichtväter, Moraltheologen (Sittenlehrer) und Seelenführer
Alfons Maria, ältester Sohn des Marineadmirals Giuseppe de' Liguori aus adliger Familie und der Markgräfin Anna Maria Caterina Cavalieri, studierte ab 1708 auf Wunsch des Vaters ziviles und kanonisches Recht an der damaligen Universität in Neapel - der ältesten weltlichen Universität der Welt, heute Archäologisches Nationalmuseum. Im Alter von nur 16 Jahren wurde er mit Sondererlaubnis promoviert und dann ein erfolgreicher Anwalt. 1715 schloss er sich einer Gelehrtengemeinschaft der Oratorianer des Philipp Neri an deren Kirche dei Girolamini in Neapel an. 1718 wurde er Richter in Neapel, 1722 Botschafter des Vizekönigs von Neapel, des Kardinals Altan.
Als Alfons Maria 1723, nach acht Jahren vielgerühmter Tätigkeit als Anwalt, einen wichtigen Prozess einer Fürstenfamilie verlor, fühlte er seinen Ruf ruiniert und konnte drei Tage lang nicht essen und schlafen. Bei einem Besuch im Spital der Unheilbaren umgab ihn plötzlich ein helles Licht und eine Stimme forderte ihn auf: Verlasse die Welt und schenke dich mir. Er trat sein Erbrecht an den Bruder ab, hängte seinen Degen in einer Kirche auf und begann das Theologiestudium. Viele seiner Lehrer waren vom Jansenismus geprägt und vermittelten ihm ein gesetzliches, Angst erregendes Gottesbild, das in vielem dem entsprach, das ihn schon bei seinem Vater abgeschreckt hatte.
1726 wurde Alfons Maria zum Priester geweiht, dabei legte er ein besonderes Gelübde zum Dienst an der missionarischen Verkündigung und zum Beichtehören ab. Er lebte dann als Priester in seinem Elternhaus, predigte auf den Straßen in Neapel und schloss er sich einer Weltpriester-Vereinigung für missionarisches Wirken an. Sein Auszug aus der Welt ließ ihn Privilegien der Religion der Reichen verachten; Ehrentitel lehnte er ab und stellte sich radikal in den Dienst der einfachen Leute. 1727 gründete er die Capelle Serotine zur Betreuung und Erziehung von Straßenjungen; Arbeiter und Handwerker warb er als Mitarbeiter in Gebets- und Glaubensschulen. Vielen Menschen konnte er den Auszug aus gesetzlichem Rigorismus vermitteln und den Glauben an einen gnädigen Gott, damit konnte er auch viele religiöse Angstneurosen heilen. Er hielt Katechesen für die ungebildete Bevölkerung ab und schuf einen caritativen Dienst in den Dörfern um Neapel. Schwerpunkt seiner Arbeit war auch die Aus- und Weiterbildung der in der Seelsorge Tätigen.
Alfons erkannte während eines Erholungsaufenthaltes in den Bergen von Scala bei Amalfi - wo er der Überlieferung zufolge zunächst in einer Grotte wohnte -, dass niemand den armen Ziegenhirten das Evangelium verkündigte, während es in Neapel so viele Priester gab, dass sie gar nicht alle in der Seelsorge tätig waren, sondern teilweise - wie auch er - bei ihren Familien lebten./
Alfons gründete deshalb 1731 in Scala zur Unterstützung seiner Arbeit den Orden der Redemptoristinnen und 1732 die Kongregation des Allerheiligsten Erlösers, die Redemptoristen, nach ihrem Gründer auch Liguorianer genannt, deren Aufgabe es wurde, beim einfachen Volk zu missionieren, indem sie das Leben und die Tugenden Christi möglichst vollkommen nachahmen. Das Stammkloster der Redemptoristen in Scala wird heute von Ordensfrauen bewohnt. Wahlspruch seiner Orden war: überreich ist bei ihm die Erlösung. Weitere Gründungen folgten rasch; dabei ließ Alfons Maria sich von den jeweiligen konkreten praktischen Erfordernissen und Notwendigkeiten leiten.
1737 konnte in Ciorani - einem Ortsteil von Mercato San Severino bei Neapel - das zweite Kloster der Redemptoristen eröffnet werden, dazu hatte die Familie von Alfons' Gefährten Januarius Maria Sarnelli einen großen Teil ihres Vermögens gestiftet. Alfons lebte dann bis 1745 und von 1747 bis 1751 in diesem Kloster, nachdem er von 1736 bis 1738 in einem nahen Haus der Familie Sarnelli gewohnt und den Klosterbau überwacht hatte.
1749 bestätigte Papst Benedikt XIV. die Ordensregel und ernannte Alfons zum Ordensoberen auf Lebenszeit. Aber es gab Widerstände gegen den Orden in Neapel und bei der Regierung des Königs; 1752 konnte endlich eine Vereinbarung zur Sicherung der Existenz abgeschlossen werden. 1762 wurde Alfons mit sechsundsechzig Jahren zum Bischof von Sant' Agata de' Goti bei Neapel ernannt - ein Bistum, das jemand zuvor als einen Sack mit unreinen Viechern bezeichnet hatte. Der Aufgabe, dieses Bistum wieder in Ordnung zu bringen, galten die Jahre bis 1775; er sorgte sich um Hilfe für Arme und Kinder und für eine gute Ausbildung der Priester. Sein Einsatz während einer Hungersnot 1763/64 brachte ihm den Ehrentitel Vater der Armen ein.
1775 gab Alfons sein Amt als Bischof wegen Krankheit auf, ging ins 1742 gegründete Kloster der Redemptoristen nach Nocera dei Pagani und leitete von dort aus den Orden. Zwischen Rom und der Verwaltung des Königreiches Neapel - damals im Palast in Portici bei Neapel - gab es nun Streitigkeiten um das Ordensstatut, bis Rom die Redemptoristenklöster der Hoheit Neapels entzog und ihnen Päpstlichen Status gab; Liguori starb noch vor dem Ende der Auseinandersetzungen. In den letzten Jahren war er so geschwächt, dass er sich mit einem Strohhalm ernähren musste und die Messe nur noch sitzend lesen konnte.
111 von Alfons di Liguori verfasste Bücher wurden zu seinen Lebzeiten, weitere später veröffentlicht; sie behandeln fast alle theologische Themen. Seine Theologia Moralis von 1753 wurde schon zu seinen Lebzeiten acht Mal, bis heute über 120 Mal neu aufgelegt. Die Beschäftigung mit der Moraltheologie war ihm durch die Erfordernisse der Volksmission zugewachsen, wiederum zeigte er seine Vorliebe und sein Gespür für das Notwendige und Konkrete; das Buch gilt als ein Standardwerk der Moraltheologie, auch wenn Kritiker darin ein kasuistisch-enges und unflexibles Konzept sehen. Mindestens ebenso wichtig war sein Einfluss als geistlicher Schriftsteller mit seiner Betonung der Liebe und Barmherzigkeit Gottes, aus pastoralen Anlässen hervorgegangen: Le Glorie di Maria, die Ehre der Maria, von 1750 ist das bekannteste seiner Werke. Die Anleitung für Beichtväter, Homo Apostolicus, Mensch nach dem Vorbild der Apostel, erreichte 118 Auflagen. Dazu verfasste er rund 50 geistliche Lieder, viele Gebetbücher, zudem malte er Bilder von Maria und dem Sterben Jesu. Die Werke dogmatischer Art stammen aus seiner Zeit als Bischof und sind überwiegend apologetischer Natur. Seine Bücher brachten ihm den Beinamen Doctor zelantissimus, eifernder Lehrer, ein.
Alfons di Liguori wurde in der Ordenskirche in Nocera dei Pagani bestattet.
Der von Alfons gegründete Orden der Redemptoristen breitete sich schnell in Italien und dann auch in anderen Ländern aus. Die fortschreitende Aufnahme der Moraltheologie Liguoris führte Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem in Italien und Frankreich zu einer einfacheren, vertrauensvolleren Spiritualität, die sich aus eucharistischer Praxis und Marienverehrung speiste. In Alfons' Elternhaus in Marianella ist heute eine Kapelle zu seinen Ehren eingerichtet. 1840 wurde er einer der Patrone von Neapel.
Kritiker haben die Zielsetzungen und die Methoden von Alfons di Liguori immer wieder problematisiert, weil er ihnen als Repräsentant katholischer Unfreiheit und Frömmigkeitsheuchelei galt, als Vertreter einer schwarzen Seelsorge, die geprägt war von Sündenangst und Sexualfeindlichkeit. Hinzu kam seine Urheberschaft des Dogmas von der päpstlichen Unfehlbarkeit. Johann Strauss Sohn schuf 1848 die Liguorianer-Seufzer-Polka, in der er genüsslich-scherzhaft die damalige Vertreibung des Redemptoristenordens aus Wien durch aufgebrachtes Volk thematisierte.

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Bernhard von Clairvaux
Abt in Clairvaux, Priester, Kirchenlehrer
* um 1090 in Fontaine-lès-Dijon, dem heutigen Stadtteil von Dijon in Frankreich
† 20. August 1153 in Clairvaux, heute Ortsteil von Ville-sous-la-Ferté bei Troyes in Frankreich
Gedenktag: 20. August (gebotener Gedenktag Hochfest in der Stadt Pelplin und im Trappisten- und Zisterzienserorden)
Name bedeutet: der Bärenstarke (althochdt.)
Attribute: mit Totenschädel und Hund, mit Maria mit (gefesseltem) Teufel, Regelbuch, Bienenkorb
Patron von Burgund, Ligurien, Genua, Algeciras, Gibralatar, Pelplin und Stein am Kocher; der Imker, Wachszieher und Barkeeper; der Bienen; gegen Besessenheit, Kinderkrankheiten, Besessenheit (Dämonie) und Tierseuchen; bei Gewitter und Unwetter; in der Todesstunde
Bauernregel: Wie der St. Bernhard ist, / man auch den September misst
Bernhard stammte aus einer adligen, begüterten und frommen Familie. Sein Vater Tezelin le Saur stand in Diensten des Herzogs von Burgund. Bernhards Mutter Aleth sah vor seiner Geburt im Traum ein weißes Hündlein mit rotem Rücken und hörte es laut bellen. Der Traum wurde ihr so gedeutet, dass der Sohn, den sie bekommen werde, als großer Prediger Gottes Haus bewachen und seine Stimme laut gegen die Feinde der Kirche erheben werde.
Bernhard besuchte die Schule im Kloster St-Vorles in Châtillon-sur-Seine. Der Tod seiner Mutter um 1105 beschäftigte ihn stark. 1113 trat er zusammen mit 30 wissenschaftlich gebildeten, adligen und idealistischen jungen Leuten, darunter vier seiner fünf leiblichen Brüder, auch sein jüngster Bruder Nivard, in das Reformkloster Cîteaux - dem heutigen St-Nicolas-lès-Cîteaux - ein. Dieses 1098 von Robert von Molesme, Alberich und Stephan Harding gegründete Reformkloster drohte zu seiner Zeit an den strengen Regeln des neuen Zisterzienserordens zugrunde zu gehen. Mit Bernhard und seinen Gefährten kam neues Leben in das Kloster, die Gründung der neuen Klöster La Ferté - heute La Ferté-sur-Grosne -, Pontigny und Morimond - im heutigen Fresnoy-en-Bassigny - wurde möglich. 1114 legte Bernhard seine Profess ab, 1115 sandte ihn Abt Stephan mit zwölf Mönchen aus, um das Kloster Clairvaux - im heutigen Long-champ-sur-Aujon - zu gründen, das sich unter seiner Führung zur bedeutendsten Zisterzienserabtei entwickelte; Wilhelm von Champeaux bestätigte ihn als Abt und weihte ihn 1115 in Châlons-sur-Marne - dem heutigen Châlons-en-Champagne - zum Priester. 1118 gründete Bernhard das erste Tochterkloster Troisfontaines - im heutigen Trois-Fontaines-l'Abbaye.
Bernhard war ein Mann von großer Faszination. Sein Ordensbruder Abt Isaak von Stella schrieb: Allen war er schrecklich aus Liebe und lieb aus Schrecken. Bernhard zog Novizen in einem Maße an, dass fast jedes Jahr zwei neue Klöster von Clairvaux aus errichtet werden mussten; insgesamt gründete er 68 Klöster, weitere waren ihm unterstellt, so dass 164 Abteien seiner geistlichen Führung unterstanden; bis zu Bernhards Tod wurden schon 343 neue Gründungen gezählt. 1135 bestimmte Bernhard Himmerod im Salmtal bei seinem Besuch vor Ort als Standort für das 14. Zisterzienserkloster und das erste deutsche Kloster, das direkt von Bernhard von Clairvaux gegründet wurde. Den Mönch Achard von Clairvaux entsandte Bernhard als Baumeister der Klosteranlage nach Himmerod.
Denken und Methodik der Scholastik prägten Bernhard, seine große persönliche Ausstrahlung und seine eindrücklichen Predigten kamen bei den Reisen durch alle Teile Europas zur Geltung. 1118 wurde er zum Leiter des Zisterzienserordens. Er erneuerte die Ordensregeln, so dass er zu Recht als zweiter Gründer des Ordens gelten kann. Seine Consuetudines stehen in gewissem Gegensatz zur Regula des Benedikt von Nursia: die Benediktiner gründeten ihre Niederlassungen auf Höhen, Bernhard ordnete sumpfige Täler an mit Wäldern, die gerodet werden mussten. Er betonte den Wert der körperlichen gegenüber der geistigen Arbeit. Ganz besonders wandte er sich in Briefen und Kapitelsbeschlüssen gegen jede figürliche Ausgestaltung der Portale, Kapitelle und Kreuzgänge, weil das den Betrachter vom Gebet ablenke.
Seine Treue zum Papsttum gab Bernhard auch die Kraft und den Mut zu sehr scharfer Kritik an den Päpsten. Er geißelte ihre weltliche Macht und ihr profanes Gehabe, mit dem sie sich eher als Nachfolger Konstantins erwiesen denn als Nachfolger Christi. Im Kampf um die Rechtmäßigkeit des Papsttums zwischen Papst Innozenz II. und Gegenpapst Anaklet II. nach dem Schisma von 1130 trug Bernhard maßgeblich zum Erfolg des ersteren bei, für den er in ganz Europas Werbung gemacht und Unterstützung organisiert hatte. 1135 nahm er am Konzil in Pisa teil, 1137/1138 reiste er durch Italien; dabei bewog er Gegenpapst Viktor IV., sich Papst Innozenz II. zu unterwerfen - was allerdings nur bis 1159 anhielt.
1138 hielt Bernhard nahe der Kirche San Paolo alle Tre Fontane in Rom - der Stelle des angeblichen Martyriums von Paulus, und des um 300 gestorbenen Zeno und seiner 10.203 Gefährten - eine Totenmesse und empfing die Vision einer Leiter, über die die Seelen vom Fegefeuer aus den Himmel erreichen können; an dieser Stelle wurde deshalb 1582 bis 1584 die Kirche Santa Maria Scala Coeli, heilige Maria - Himmelsleiter errichtet. 1144 und 1145 rief er die aufständischen Römer auf zum Gehorsam gegenüber den Päpsten Lucius und Eugen III. - einem ehemaligen Schüler in Clairvaux. Eugen III. widmete er 1148 sein Werk De consideratione, Betrachtungen. 1146 gründete er das Kloster in Villers - dem heutigen Villers-la-Ville in Brabant.
In den Ordensrivalitäten zwischen den Zisterziensern und den Anhängern der Reformen von Cluny verfasste Bernhard 1124 die Apologie. Regularkanoniker, Prämonstratenser, Gilbertiner und Kartäuser wandten sich an ihn, um für ihre Orden Ratschläge zu erbitten; er wirkte klärend über die Frage des Übertritts von einem Orden in einen anderen. Nach dem Konzil von Troyes verfasste er 1128 eine kleine Schrift zum Lob des Templerordens: Ad milites Templi de laude nove militie; sie umreißt die theologischen Grundsätze des gerechten Krieges und rechtfertigt das Handeln des Ordens, dessen kirchliche Anerkennung nun erfolgte, weshalb Bernhard auch die Gründung dieses Ordens zugeschrieben wird.
Frucht seiner Ideen sind zwei noch heute aktuelle Werke Bernhards: De gradibus humilitatis et superbiae, Von Niedrigkeit und Hochmut und De diligendo Deo, Von der Liebe zu Gott, er-schienen 1127. In ihnen zeigen sich Bernhards Wesenszüge: sanft und radikal, zerbrechlich und stark, aktiv und kontemplativ zugleich, mystisch begabt und mit hohen spirituellen Gaben der Prophetie und Wundertaten ausgestattet, oft auch unversöhnlich, aber empfänglich für Freund-schaft. Er verfasste Kommentare zur Bibel, so der unvollendete Kommentar zum Hohelied, und Hymnen, die zum Teil noch heute gesungen werden.
Bernhard war berühmt für seine große Predigtbegabung, die er - im Auftrag von Papst Eugen III. - nicht zuletzt in den Dienst der Anwerbung für die Kreuzzüge einsetzte; er entfachte in ganz Europa einen Rausch der Begeisterung für die Kreuzzüge. Bernhard reiste nach Nordfrankreich, Flandern und ins Rheinland, überall zogen Bernhards Wundertaten und die redegewandten Predigten zahlreiche Zuhörer und Pilger an. 1146 rief er in Vézelay zum 2. Kreuzzug auf, diese Predigt von Vézelay löste in ganz Frankreich Begeisterung aus; selbst König Ludwig VII. zeigte sich - neben Mitstreitern aus Frankreich, Flandern und Deutschland - zum Aufbruch entschlossen. Im selben Jahr warb er dafür auch im Dom in Speyer und gewann Stauferkönig Konrad III. für das Vorhaben. Das ritterliche Ideal der Kreuzzüge sah das Sterben für den himmlischen Herrn als besonderen Verdienst; so formulierte Bernhard: Ein Ritter Christi tötet mit gutem Gewissen; noch ruhiger stirbt er. Wenn er stirbt, nützt er sich selber; wenn er tötet, nützt er Christus. Die schrecklichen Folgen solcher Worte betrafen nicht nur die Menschen im Nahen Osten, sondern auch die mittelalterlichen jüdischen Gemeinden. Der Misserfolg des Kreuzzugs traf Bernhard schwer; seine erneute Kreuzzugsinitiative 1150 blieb erfolglos.
Kompromisslos bekämpfte Bernhard die Katharer, 1145 unternahm er mit einem Kardinallegaten eine Predigtreise, um ihnen im Languedoc entgegenzutreten; ebenso bekämpfte er die Reformationsideen des Petrus Waldus sowie die von Petrus Abaelard - einem französischen Denker - vertretene rationalistische Philosophie, dessen Lehrsätze Bernhard 1140 durch das Konzil von Sens verurteilen ließ. Sein entschiedenes Eingreifen in die großen Kontroversen in der Kirche - so in der Frage der Gültigkeit von Papst- und Bischofswahlen oder den Fragen der Bekämpfung von Häresien - machten ihn bei den Zeitgenossen und in der Tradition zum führenden Verteidiger der Kirche und des päpstlichen Vorranges. Bernhard beharrte auf dem Vorrang des Glaubens im Umgang mit dem Dogma, dabei zeigt sich ein gewisses Misstrauen gegenüber intellektuellem Erkenntnisstreben; er billigte intellektuelles Denken nur, soweit es zu Gebet und Kontemplation hinführt. Die um 1151 verfasste Vita S. Malachie ist die Biographie von Malachias von Armagh, der 1148 in Clairvaux starb.
Sein ganzes Leben lang begleitete Bernhard die Sehnsucht nach seinem klösterlichen Ideal, seine Biografie führte ihn selbst aber auf andere Wege. Seine Erfahrungen als Abt haben auch seinen Traktat De precepto et dispensatione, Von Führung und Verteilung geprägt. Aus der großen Fülle der Legenden strahlt das Bild seiner nicht nachlassenden asketischen Bemühung um Geduld, Überwindung von Versuchungen, innerlichster Gebetsübung. Er selbst beschrieb sich als Chimäre, die dauernd mit weltlichen Dingen beschäftigt war, ohne Laie zu sein, und ständig entscheidend in die Geschicke der Kirche verwickelt war, ohne je Kirchenlenker gewesen zu sein. Als ungekrönter Papst und Kaiser des Jahrhunderts lenkte er die Geschichte, seine Zeit nennt man deshalb auch das Bernhardinische Zeitalter. Erzvater des europäischen Gefühls nannte ihn der Historiker Friedrich Heer ob seines weiten Horizonts, ein religiöses Genie der protestantische Kirchengeschichtler Adolf von Harnack. Als Doctor mellifluus, honigfließenden Lehrer bezeichneten ihn Zeitgenossen ob seiner herausragenden Begabung zur Predigt. Dreimal lehnte er die ihm angetragene Bischofswürde ab.
In seinen theologischen Schriften behandelte Bernhard die wichtigsten Themen der Dogmatik und entfaltete seine asketischen Lehren. Ausgangspunkt ist für ihn der sündige, Gott suchende Mensch, dessen Bekehrung ihm zum Heil dient. Bernhards Denken beeinflusste Bonaventura, den italienischen Dichter Dante Alighieri und die Devotia moderna. Unter seinem Namen wurde eine Vielzahl unechter Schriften anderer Zisterzienser publiziert.
Bernhard starb in Clairvaux und wurde in Cluny begraben. Bei seinem Tod gehörten 344 Klöster in ganz Europa zum Zisterzienserorden, darunter 166, die Clairvaux unterstanden.
Das Kloster Clairvaux wurde in der Französischen Revolution aufgehoben und dient seitdem als Gefängnis, heute können die übrig gebliebenen Reste besucht werden. Im Domschatz der Kathedrale in Troyes wird seit 1813 die Kopfreliquie von Bernhard aufbewahrt.
Bernhard gilt als Marienverehrer. Der gegenseitigen Begrüßung des Bernhard und der Gottesmutter, wovon es mehrere Legenden gibt, ist ein eigener Gedenktag am 18. Oktober gewidmet. Deshalb wird Bernhard oft dargestellt mit Maria, die Jesus die Brust gibt; oder die Madonna erscheint ihm mit Engeln, die seine ergänzenden Worte zum Hymnus Salve Regina singen oder ihm aus ihrer Brust Milch zuspritzen. Alle Zisterzienserkirchen sind deshalb der Gottesmutter geweiht. Der Bienenkorb symbolisiert seine überzeugende Beredsamkeit. Noch heute bekannt sind seine Hymnen; auch die lateinische Urfassung des später von Paul Gerhard deutsch be-arbeiteten Liedes O Haupt voll Blut und Wunden (GL 179 / EG 85) wurde lange Bernhard zugeschrieben.
Bernhard ist Stadtpatron von Algeciras, dort ist ihm die kleine Kirche Nuestra Señora de Europa am Hauptplatz der Stadt geweiht.